Es begann 1966 …
Die
Konzertpianistin Leyda Ungerer gründete in der Nähe von Frankfurt einen Kreis
mit dem Ziel, hochbegabten jungen Musikern im privaten Rahmen ein Podium zu
bieten. Sie war mit den Nöten und Bedürfnissen junger Musikhochschulabsolventen
bestens vertraut. Diese fühlten sich zumeist nicht wirklich verstanden,
gesellschaftlich eher links liegen gelassen als anerkannt, obwohl draußen im
Lande die Wirtschaft bereits heftig boomte und die Grundlagen des heutigen
Reichtums geschaffen wurden.
Warum brauchen junge Musiker Freunde?
Weil
es stets eine einsame Entscheidung ist, ob die Musik zum Beruf werden soll;
weil diese sehr eindeutig getroffen werden muss – sehr frühzeitig mit allen
Konsequenzen. Spielerisch und nur zum Spaß hat vielleicht alles angefangen:
in der musikalischen Früherziehung, im Jugendchor oder im Schulorchester.
Vielleicht gab es den Klavierunterricht nur, weil ein altes Erbstück
in der Ecke stand und die Eltern dachten, dass es ein Versuch allemal wert
wäre. Und plötzlich gilt man als begabt.
Aber jeder weiß, dass Begabung und
Talent nicht ausreichen. Disziplin, ein starker Wille sind die Tugenden, auf
die es ankommt. Üben, üben, üben, nicht nach Laune, sondern nach Plan.
Wegmarken der Orientierung
»Ohne
Enthusiasmus wird nichts Rechtes in der Kunst zu Wege gebracht« schreibt Robert
Schumann in seinen musikalischen Haus- und Lebensregeln.
Aber die Frage bleibt:
Werde ich bestehen? Werden es die großen Podien sein, die ich als Solist oder
Kammermusiker betrete? Die Luft oben wird immer dünner. Es ist ein weites, aber
auch sehr brüchiges Feld, auf dem sich die jungen Musiker bewegen. Gut, wenn es
Wegmarken gibt, Räume, in
denen sie sich erproben können:
»In den Häusern der 'Freunde Junger Musiker' haben sie solche Räume. Hier finden sie ein interessiertes Publikum vor, aber
es ist nicht 'die Öffentlichkeit'. Hier werden sie kritisiert, aber nicht
verurteilt; hier können sie lernen, sich den unterschiedlichen Bedingungen zu
stellen: niedrige Zimmerdecken, dicke Teppiche, schlagende Uhren, Publikum auf
engstem Raum zusammengepfercht – vor, neben, hinter sich! Wie 'baut' man eine
Folge von Stücken am geschicktesten, wirksamsten zusammen? Ist es ratsam, Werke
zu erläutern? Welche Zugabe ist angemessen? Wo anders, wenn nicht hier, findet
man Verständnis für Lampenfieber, falsche Töne, Indisponiertheiten?« (Edda Bosse, 2006)
»Es ist eben des Lernens kein Ende«
beschließt
Robert Schumann seine 43 Haus- und Lebensregeln. Solches »Lernen« findet
inzwischen statt in den Städten Berlin, Bremen, Frankfurt a. M.,
Kassel, Köln/Bonn, Mainz/Wiesbaden, Meerbusch/Düsseldorf und
München.
Auf diese Weise erhält der musikalische Nachwuchs Gelegenheit, sich auf
Konzertexamen, Musikwettbewerbe oder Hochschulexamen
vorzubereiten. Neben den Privathäusern sind auch Kirchen, Museen, Galerien und
ähnliche Räumlichkeiten beliebte Austragungsorte. Die Organisatoren arbeiten
ehrenamtlich.
Alle Musikkreise vergeben seit 2005 den gemeinsamen »Kammermusikpreis
der Freunde Junger Musiker Deutschland« im
Rahmen des Felix Mendelssohn Bartholdy-Hochschulwettbewerbs zu Berlin. Er ist
der älteste Wettbewerb überhaupt und steht unter dem Schutz der Stiftung
Preußischer Kulturbesitz Berlin.
|
Anlässlich des Felix Mendelssohn Bartholdy-Hochschulwettbewerbs 2014 in Berlin geht der »Preis der Freunde Junger Musiker Deutschland« in Höhe von 4.000 Euro, hier überreicht von Karl Gabriel von Karais (Kassel) als Sprecher der acht Musikkreise, an den jungen Kontrabassisten Michael Karg. |
Der
Einsatz zahlt sich aus …
Die
jährlich stattfindenden überregionalen Treffen aller Förderkreise dienen dem
Erfahrungs- und Informationsaustausch – eine Art von »Künstlerbörse«. Sie bietet denjenigen, die sich besonders hervorgetan haben, Gelegenheit, auch
in einem oder mehreren anderen Musikkreisen aufzutreten.
Viele der jungen
Künstler, die in ihren Anfängen von den Freunden Junger Musiker gefördert
wurden, sind heute als Solisten oder in Ensembles international erfolgreich,
sitzen an den ersten Pulten renommierter Orchester oder unterrichten als
Professoren und Dozenten an Musikhochschulen.